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"Bei Palliative Care geht es auch um das Leben"

11. Dezember 2020

Markus Reck ist seit Oktober 2018 bei der Senevita Gruppe zuständig für Public Affairs. Zuvor wirkte er zehn Jahre lang als Direktor der Spitex Stadt und Land.

Markus Reck ist seit Oktober 2018 bei der Senevita Gruppe zuständig für Public Affairs. Zuvor wirkte er zehn Jahre lang als Direktor der Spitex Stadt und Land.

PalliNews: Herr Reck, die Senevita Gruppe pflegt eine Partnerschaft
mit palliative ch. Warum ist Ihnen das wichtig?

Palliative Care hat durch die Nationale Strategie Palliative Care des Bundes zwischen 2010 und 2015 einen grossen Stellenwert erhalten. Hinzu kam, dass einige Kantone seither und im Rahmen der Plattform Palliative Care Initiativen lanciert haben, um entsprechende Angebote zu schaffen. Da die Spitex für Stadt und Land in der ganzen Schweiz aktiv ist, war das Thema für uns ein grosses Anliegen und so sind wir bereits 2014 mit palliative ch eine Partnerschaft eingegangen, von der beide Seiten bis heute profitieren.

Welche Bedeutung hat aus Ihrer Perspektive Palliative Care im ambulanten und stationären Bereich?

Die Bedeutung von Palliative Care wächst, das ist eindeutig. Im ambulanten Sektor, weil immer mehr Menschen bis zum Lebensende zu Hause leben und dort auch sterben möchten. Und auch im stationären Bereich, also den Pflegeheimen und im Betreuten Wohnen werden die Themen rund um Palliative Care immer wichtiger. Dies nicht zuletzt weil sie einen interprofessionellen und -disziplinären Ansatz bietet, also ganz verschiedene Berufsgruppen eng zusammenarbeiten: unsere Pflege- und Betreuungskräfte beispielsweise mit Ärzten, Sozialarbeitern, Seelsorgern und Therapeuten aller Art.

Sie haben die Nationale Strategie Palliative Care 2010 – 15 des Bundes erwähnt. Sie wurde von einer Plattform Palliative Care abgelöst. Warum waren bzw. sind die Strategie und die Plattform wichtig für die Senevita Gruppe?

Weil sie wichtige Projekte ermöglicht haben und auch weiterhin anstossen. Das ist nicht der grosse Rundumschlag, nach dem alles anders wäre, sondern, wie es in der Schweiz eben üblich ist, geht es Schritt für Schritt und etappenweise vorwärts. Es werden dafür aber auch alle mitgenommen, die sich mit dem Thema Palliative Care befassen, also neben Fachpersonen beispielsweise auch Freiwillige, die bei der Betreuung von Palliative Care wichtige Aufgaben übernehmen. So bleibt man über die Plattform immer im Gespräch, kann die Ziele überprüfen und gegebenenfalls auch auf seine Institution oder auf regionale oder kantonale Gegebenheiten anpassen.

Wie schulen Sie in der Senevita Gruppe die Mitarbeitenden in Palliative Care?

Viele diplomierte Pflegefachkräfte, die bei uns tätig sind, haben den B2-Kurs absolviert, andere die A1- und A2-Kurse, die palliative ch empfiehlt. Daneben arbeiten wir im Spitex-Bereich eng mit den mobilen und spezialisierten Palliative-Care-Teams zusammen, was sich sehr gut ergänzt. Diese Form der professionellen Kooperation und organisatorischen Koordination ist für die betroffenen Patienten sowie ihre Angehörigen sehr gewinnbringend. Allerdings ist der Koordinationsaufwand nicht zu unterschätzen, wenn man gut, effizient und kompetent zusammenarbeiten möchte.

Sie möchten einen Ort der Vertrautheit und Geborgenheit bieten. Was heisst das konkret?

Es geht, anders als man oft meint, bei Palliative Care nicht ausschliesslich um das Sterben, sondern vor allem auch um das Leben. Und dieses Leben soll sich durch eine möglichst hohe Lebensqualität auszeichnen, indem es den Möglichkeiten entsprechend gut gestaltet werden kann, wofür es einen Ort der Vertrautheit und Geborgenheit, des Wohlfühlens und Umsorgt-Seins braucht.

Dazu gehört auch die Integration der Angehörigen ...

Ja, die Angehörigen spielen eine ganz wichtige Rolle, sie müssen unbedingt einbezogen werden. Sie leisten nämlich einen grossen Beitrag, je nach Situation manchmal nicht so sehr an Pflege und Betreuung, sondern indem sie Halt geben und daran mitwirken, Vertrauen aufzubauen, sich zu versichern, dass das, was mit der / dem Spitex-Kundin oder -Kunden oder Heimbewohner / -in geschieht, gut, richtig und sinnvoll ist. Sie selbst können sich deshalb ebenfalls wohlfühlen und beruhigt sein, weil sie wissen, dass ihre Mutter oder ihr Vater gut gepflegt, betreut und untergebracht ist.

Was sind Ihre politischen Forderungen im Bereich Palliative Care?

Ich glaube, bei der Aus- und Weiterbildung sind wir auf einem guten Weg und haben bereits ein hohes Niveau. Was aber dringend angegangen werden muss, ist die Frage, was finanziert werden soll und wie es finanziert werden kann. Das klingt für viele vermutlich bekannt, aber die Finanzierung gewisser Leistungen hat Auswirkungen darauf, in welche Richtung sich Palliative Care entwickelt und kann entsprechend Anreize setzen. Die Organisationen und Institutionen müssen wissen, welche Leistungen sie bezahlt erhalten, damit sie Planungssicherheit haben. Die Koordination oder zum Beispiel das Advance Care Planning sind dabei wichtige Themen, die geregelt gehören. Weiter scheint es mir notwendig, die Allgemeine und die Spezialisierte Palliative Care gesondert zu betrachten, weil die Ausbildung, die Kompetenzen des Personals und die fachlichen Herausforderungen sehr unterschiedlich sind.

Sehen Sie es als einen Nachteil, dass die Gesundheitspolitik in der Schweiz kantonal geregelt ist?

Es gibt einige gute Gründe dafür und einige, die dagegen sprechen. Die Kantone weisen grosse Unterschiede auf, etwa in der Bevölkerungsdichte oder der geografischen Lage, da ist es meines Erachtens angemessen, auf die regionalen Unterschiede und Besonderheiten Rücksicht zu nehmen. Trotzdem bräuchte es bei manchen Themen hin und wieder exaktere Leitplanken des Bundes, doch diese gilt es jeweils sorgfältig auszutarieren. Sicher ist man in den einzelnen Kantonen unterschiedlich weit, was Palliative Care angeht. Aber das liegt nicht nur an der Politik, sondern auch daran, wie viele Menschen sich dafür engagieren möchten, etwa in den Sektionen von palliative ch. Ausserdem stellt sich in manchen Regionen die Frage, ob überhaupt die geeigneten Partner existieren, um Projekte auf allen Niveaus der Palliative Care zu verwirklichen. Jedes Projekt braucht Personalkapazitäten und die entsprechenden
Institutionen. Auch dies ein Grund mehr für die Senevita Gruppe sich zu engagieren!